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Rüdersdorfer Öfen

Bereits kurz hinter dem Eingang des Museumsparks geraten unsere Besucher in den Bann der beiden ikonischen Rüdersdorfer Öfen, nach ihrem Ingenieur Sir Benjamin Thompson Reichgraf von Rumford auch Rumfordöfen genannt. 

Direkt unterhalb dieser frühindustriellen Meilensteine ist auch noch eine ältere Kammerofenanlage aus dem Jahr 1666 erhalten. Sie befindet sich genau zwischen den beiden sechseckigen Rumfordöfen. Die beiden ebenerdigen Eingänge führten zu den zwei Brennkammern, dem Herzstück der Ofenanlage. Links und rechts an den Seiten der Brennkammern gab es jeweils fünf Öffnungen für die Luftzufuhr, das Nachlegen von Brennholz und das Schüren des Feuers. Das Kalkbrennen in der Kammerofenanlage lieferte gute Ergebnisse, funktionierte jedoch nur mit Holz als Brennstoff. Das aber wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts immer knapper, so dass eine neue Brenntechnik gefragt war, die auch mit Torf und Kohle funktionierte. Die Lösung fand man mit den Rumfordöfen.

Der erste dieser beiden erhaltenen Rumfordöfen wurde bereits 1804 gebaut und stellte damals eine technologische Pionierleistung dar. Als er 1804 in Betrieb genommen wurde, hatte er statt des schmalen Schornsteins noch ein kegelartiges Dach mit einer Öffnung als Rauchabzug. Eine entscheidende Neuerung des Rumford-Ofens ist die Trennung von Kalkstein und Brennmaterial, so dass der Branntkalk nicht mehr durch Asche verunreinigt wird. Die zweite Innovation war, dass wesentlich weniger Energie nötig ist, um die gleiche Menge Kalkstein zu brennen. Der Name „Rumford“ kommt von seinem Erfinder Benjamin Thompson, der 1753 in Amerika als Sohn eines kleinen Farmers zur Welt kam, keine vierzig Jahre später aber vom bayerischen Kurfürsten in den Grafenstand erhoben wurde. Sein Titel „Graf von Rumford“ geht auf eine frühere Wohn- und Wirkungsstätte in seiner amerikanischen Heimat zurück.

Leider ist das äußere Gewölbe dieses Rumfordofens an einer Seite zerstört. Immerhin hilft uns das heute, die Funktionsweise des Ofens besser zu verstehen. Von außen kann man zunächst die Öffnungen von zwei der fünf Brennkammern sehen, ein klein wenig unterhalb der Ebene, von der Besucher hineinblicken. Dort konnte das Brennmaterial eingebracht werden – vor allem Torf und später Kohle – und auf einem eingemauerten eisernen Rost verbrennen. Die Asche fiel nach unten durch, wovon unter den Brennkammern die Auslässe für die Asche zeugen. 

Der Kamin, über den die Hitze abzog, befindet sich nicht senkrecht über den Brennkammern, sondern weiter im Innern des Ofens. In diesen Schacht wurde von oben, wo jetzt der schmale, nachträglich hinzugefügte Schornstein steht, der Kalkstein eingebracht. Die Zufuhr erfolgte zunächst über Winden und umständliche Aufzüge, dann über eine Holzbrücke, später über die steinerne Brücke (Zirkelbogenbrücke), die heute noch steht. 

Der ganze Kamin war praktisch immer von oben bis in die Kellerebene voll – oben mit Kalkstein, unten mit Branntkalk. Auf Höhe der Brennkammern herrschten die benötigten Temperaturen von über 900 Grad, bei denen Kalkstein zu Branntkalk umgewandelt wird. Unterhalb dieser Brennzone konnte der Branntkalk etwas abkühlen und schließlich dem Schacht wieder entnommen werden. Zwischen den zwei von hier aus sichtbaren Asche-Auslässen im Keller gibt es eine weitere Öffnung. Sie liegt weiter innen, direkt am eigentlichen Ofenschacht, und dort wurde der Branntkalk mit Schürhaken herausgezogen. Nach einiger Abkühlung wurde er mit Karren zum Magazingebäude gebracht und dort in Fässer verpackt.

Nach der Entnahme aus dem Schacht rutschten von oben Kalkstein und Branntkalk nach. Am oberen Ende wurde so wieder Platz für neues Material. Der Ofen konnte dadurch kontinuierlich beschickt werden. Diese Möglichkeit, ohne Pause produzieren zu können, war der hauptsächliche Gewinn der neuen Brenntechnik. Alle 24 Stunden wurden auf diese Weise bis zu neun Tonnen Branntkalk produziert. Die Methode war so effektiv, dass sie schnell Nachahmer fand, und zwar auch weit über Rüdersdorf hinaus.

Wenn Sie die Heinitzstraße hin zum hinteren Teil des Parks folgen, findet sich rechterhandsein sogenannter Germanischer Ofen, eine Dauerleihgabe an den Park. Im Gebiet des heutigen Landes Brandenburg und auch in Berlin wurden schon mehrere solcher Öfen gefunden, einige von ihnen sind über zweitausend Jahre alt und zeigen uns, wie die Germanen damals Kalk gebrannt haben. Bei diesem Modell muss man über viele Stunden ein Holzfeuer unter dem Kalksteingewölbe brennen lassen. Werden die Kalksteine heiß genug, dann entsteht eine Schicht Branntkalk, die sich später abklopfen lässt. Dieser Branntkalk bietet vielfältige Verwendungsmöglichkeiten, vor allem zur Herstellung von Kalkmörtel oder Kalkfarbe. Im heutigen Jordanien wurden schon vor 8000 Jahren Häuser mit Kalkmörtel verputzt.

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