Geologie
Herzstück unserer Ausstellungen ist die Geologische Ausstellung im Otto-Torell-Haus mit dem geschwungenen Dach und der Glasfront, auch Haus der Steine genannt. Es trägt den Namen des schwedischen Wissenschaftlers, der in Rüdersdorf vor genau 150 Jahren die Theorie über die Inlandvereisung Europas während der Eiszeiten beweisen konnte. Es gibt hier eine umfassende Ausstellung, die viele Aspekte des Rüdersdorfer Kalksteins anschaulich erklärt: Wie ist der Kalkstein entstanden? Was passierte während der Eiszeiten? Und wie hat sich Rüdersdorf im Zusammenhang mit dem Tagebau entwickelt? Erkunden Sie hier, wie spannend die Geschichte unserer Erde ist! Sie hat uns viele Zeugen im Rüdersdorfer Gestein hinterlassen hat – darunter frühe Saurier, Ammoniten und natürlich Unmengen an Muscheln.
Vor dem Haus befindet sich eine schräg gestapelte Steinmauer, die parallel zum Gehweg steht. Ihr Aufbau hilft zu verstehen, wie die geologischen Einheiten unter Rüdersdorf liegen. Im abgebildeten Querschnitt sind Ablagerungen aus den letzten 250 Millionen Jahren zu sehen – erdgeschichtlich gesehen ein Klacks. Den größten Teil nehmen die Einheiten des mittleren Muschelkalks ein. Sie sind um die 250 Meter dick und entstanden vor etwa 245 Millionen Jahren, im Erdzeitalter Trias.
In der norddeutschen Tiefebene liegen diese Kalksteinschichten normalerweise mindestens einen Kilometer tief in der Erde – und weitgehend waagerecht. Die oberste Erdschicht ist dort bis zu eintausend Meter dick. Sie entstand während der letzten Eiszeiten, im Pleistozän, dem fast jüngsten Erdzeitalter, das erst vor zweieinhalb Millionen Jahren begann.
Unter Rüdersdorf strebt ein Salzkissen nach oben. Über Jahrmillionen hat es nach und nach die sonst sehr tief liegenden Kalksteinschichten an die Erdoberfläche gedrückt. Der oberste Teil dieser Schichten guckt in Rüdersdorf daher aus der Erde und ist somit leicht zugänglich. Der Rest verschwindet an der nördlichen Seite mit etwa 20 Grad Neigung im Untergrund, wo der Abbau zu aufwändig wäre.
Aber wie sind diese zweihundertfünfzig Meter dicken Steinmassive in der Erde entstanden? Die Kalksteinschichten werden als „Muschelkalk“ bezeichnet und ihr Name weist auf die Entstehung hin: Es sind Überreste unzähliger Meerestiere, die sich hier vor Urzeiten abgelagert haben. Denn vor etwa 245 Millionen Jahren, als die heutigen Kontinente noch zusammen den Superkontinent Pangäa bildeten, waren ganz Norddeutschland und Polen Teil des Germanischen Beckens. Diese Tiefebene, die damals noch in wärmeren Gefilden lag, wurde vom Ur-Ozean Tethys aus überflutet. Das Wasser im Germanischen Becken war relativflach, ähnlich wie in der heutigen Ostsee. Das Klima war warm und trocken, etwa wie heute in Nordafrika. Im Flachwasser wimmelte es nur so vor Leben. All diese Meeresbewohner verbauten den Kalk, der im Meerwasser vorhanden ist, in ihren Schalen und Skeletten. Diese kalkhaltigen Körperteile bleiben zurück, wenn die Lebewesen sterben. Der Kalk besteht also aus den Resten Myriaden toter Tiere. Durch sie entstand eine kaum vorstellbare Menge Kalksediments, das sich in einem Zeitraum von etwa 8 Millionen Jahren am Meeresgrund ablagerte und sich währenddessen mit anderem Sediment mischte, nämlich Ton, der aus dem Festland ins Meer getragen wurde. Alle zehn Jahre wuchs der Kalkschlamm um durchschnittlich einen Millimeter an, so dass über die Zeit Ablagerungen von sechs bis achthundert Metern entstanden. Der ganze Prozess ereignete sich in der „Trias“. In den darauffolgenden Erdzeitaltern wurden die Kalkablagerungen von neuen Erdschichten überlagert. Hoher Druck über Jahrmillionen und Temperaturen von bis zu 200 Grad Celsius, die in der Erdkruste vorkommen, führten letztlich zur Bildung des Kalksteins. Er wurde dabei auf eine Dicke von bis zu 250 Metern komprimiert. Hier in Rüdersdorf sind diese Kalkschichten heute an der Erdoberfläche, weil das darunter liegende Salzkissen nach oben strebt. Dort wo der dadurch entstehende Druck von unten am stärksten ist, ragt der Kalkstein am weitesten aus der Erde und kann daher leicht abgebaut werden.
Die Eiszeiten des Pleistozäns und Otto Martin Torell
Doch auch über erdgeschichtlich viel jüngere Perioden können Sie in unserer geologischen Ausstellung mehr erfahren: die Eiszeiten und ihre Hinterlassenschaften. Der schwedische Geologe und Eisforscher Otto Martin Torell hatte schon viele Expeditionen in unwirtliche Polarregionen hinter sich, bevor er 1875 hier in Rüdersdorf eine bahnbrechende Entdeckung machte. Torell erkannte, dass die Schrammen und Kratzspuren auf der Oberfläche des Kalksteins durch Gletscher entstanden sein müssen. Diese Gletscherschrammen kannte er aus seiner Heimat, wo Steine und Geröll am Fuße der mächtigen Eisfelder seit Urzeiten solche Spuren hinterlassen. Damit war der Grundstein für die Erkenntnis gelegt, dass die Gletscher während der Eiszeiten von Skandinavien bis nach Mitteleuropa anwuchsen.
Gestein aus dem Norden gab es in Hülle und Fülle, auch aus Skandinavien, nur konnte bis dahin niemand sagen, wie es hierherkam. Die beste Erklärung lieferte zuvor die Vorstellung einer oder mehrerer überwältigender Flutwellen, die das Geröll aus dem Norden in die hiesigen Gefilde gespült haben könnten. Nach der Entdeckung durch Torell erkannte man, dass die Steine von den Gletschern bis zu uns geschoben wurden. Entsprechend muss die gesamte Oberfläche von Skandinavien bis weit ins nordeuropäische Flachland von Eis bedeckt gewesen sein.