Die Schachtofenbatterie:
Architektonisches Meisterwerk der Industriekultur
The Shaft Furnace Battery:
An Architectural Masterpiece of Industrial Culture
1924 bis 1945 - Die Preussag und das „Dritte Reich"
Nach der überstandenen Wirtschaftskrise von 1923 wurde wieder investiert und erneuert. Die Öfen 5 und 15 wurden neu gebaut. Dabei wurden zwei bestehende Öfen durch moderne Schachtöfen mit Gemischtfeuerung ersetzt. Sie setzen sich baulich markant von den Rüdersdorfer Öfen ab. Die beiden Öfen wurden schon damals mechanisiert, also Arbeitsprozesse mittels Maschineneinsatz verändert. Der Zustand von Ofen 15 ist immer noch im Stand der 1930er Jahre erhalten.
Die Dimensionen der Kalkproduktion in Rüdersdorf wuchsen: 1933 war die Berginspektion Rüdersdorf das größte Kalkwerk Deutschlands. Die Produktion diente u. a. auch der Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg und der Aufrüstung während des Krieges. Das Unternehmen war seit 1924 Teil der Preußischen Bergwerks- und Hütten Aktiengesellschaft (Preussag). Mit Beginn der nationalsozialistischen Diktatur wurde der Betrieb im Sinn nationalsozialistischer Politik umgestaltet. Ziel der Preussag war laut Geschäftsbericht von 1933, „... das einzigartige Kalksteinvorkommen in der Nähe der Reichshauptstadt so vielseitig wie möglich für den Aufbau des Dritten Reiches und später für die Wehrhaftmachung des deutschen Volkes (...) nutzbar zu machen.“ Die Produktion wurde umfangreich modernisiert und erweitert. Im Zweiten Weltkrieg waren zwei Drittel der Beschäftigten Zwangsarbeiter, bis am 21. April 1945 die Rote Armee in Rüdersdorf einmarschierte.
1924 to 1945—The Preussag and the “Third Reich”
Investments and renewals continued again after the economic crisis of 1923 had been overcome. Furnaces 5 and 15 were rebuilt. In the process, the two existing furnaces were replaced by modern shaft furnaces with mixed firing. They are easily distinguishable in their construction from the Rüdersdorfer Furnaces. Even at that point in time, the two furnaces were already being mechanized, meaning that work processes were changing through the use of machines. Furnace 15 is kept in the same condition today as it was in the 1930s.
The scale of limestone production in Rüdersdorf grew: in 1933, the Berginspektion Rüdersdorf was the largest lime works in Germany. Production also contributed to preparations for the Second World War and rearmament during the war. Since 1924, the company was part of the Preußische Bergwerks- und Hütten Aktiengesellschaft (Prussian Mine and Foundry Company, or Preussag). With the beginning of the National Socialist dictatorship, the business was redesigned to serve National Socialist policies. According to the annual report of 1922, the goal of the Preussag was “to make the unique limestone deposits near the capital of the Reich useable as diversely as possible for the establishment of the Third Reich and later for the militarization of the German people.” Production was comprehensively modernized and expanded. During the Second World War, two thirds of workers were forced laborers, until the Red Army arrived in Rüdersdorf on April 21st, 1945.
Nach dem 2. Weltkrieg
Mit dem Einmarsch der Roten Armee brach die Produktion zusammen. Die mehr als 2.000 Zwangsarbeiter, die in Rüdersdorf schwerste Arbeiten verrichten mussten, wurden befreit. Ob Zwangsarbeiter auch in der Schachtofenbatterie arbeiteten, ist nicht mehr zu belegen. Die durch die Kriegseinwirkungen zerstörten oder durch Demontage entfernten benachbarten Anlagen wurden nach und nach in den folgenden Jahren repariert oder erneuert. Aufgrund der Tatsache, dass es in der Schachtofenbatterie kaum demontierbare, moderne Maschinen gab, wurde die Produktion umgehend nach Kriegsende wieder aufgenommen. Und auch die benachbarten Industrieanlagen legten bald wieder los. So konnten schrittweise zwischen Oktober 1945 und Juni 1948 die Schachtöfen, die benachbarte Sackkalkfabrik und der Ringofen die Produktion wieder aufnehmen. 1947 wurde die Kalkbrennerei Teil des volkseigenen Betriebs „Rüdersdorfer Kalk-, Zement- und Betonwerke" und folglich den Jahresplänen der sozialistischen Planwirtschaft zugeordnet. Allerdings war die Anlage mit der genutzten Technik schon damals vollkommen veraltet. 1961 wurde neben der Schachtofenbatterie der separate Ofen 19 errichtet (heute gut sichtbar als alleinstehender zylinderförmiger Schachtofen), der eine Tagesleistung von bis zu 120 Tonnen erreichte. Er wurde allerdings nur sechs Jahre lang betrieben. Denn ein neues, großes Kalkwerk wurde projektiert, das die alten Anlagen ablösen sollte.
Damit war das Ende der Schachtofenbatterie als Produktionsstätte eingeläutet. Die zum großen Teil noch aus den Jahren 1871-77 stammenden Anlagen der Produktionsstätte wurden 1967 endgültig stillgelegt. Im November desselben Jahres wurde das neue Kalkwerk an der Frankfurter Chaussee nahe Herzfelde in Betrieb genommen, woraufhin die Arbeit in den alten Anlagen komplett eingestellt wurde. Der benachbarte Ringofen und die Sackfabrik wurden umgehend abgerissen. Glücklicherweise blieb die Schachtofenbatterie erhalten, obwohl sie 1968 für den Abriss vorgesehen war. Denn schon damals kam die Idee auf, sie als museales Monument und Zeitzeugin für die Kalkproduktion in Rüdersdorf zu erhalten. Nicht zuletzt auch auf Anregung der Arbeiter und Angestellten, die hier gearbeitet hatten. Die Idee wurde zwar nicht umgesetzt, rettete jedoch das Gebäude vor dem Abriss. Trotz Entnahme von eisernen Bestandteilen, wie z.B. der Ofentüren der Rüdersdorfer Öfen oder der Aufzugsanlagen von Ofen 5 und 19, überlebten viele der Ausstattungselemente die nächsten Jahrzehnte. Allerdings wucherten schon bald zahlreiche Pflanzen über das Gebäude, wodurch es mehr und mehr in Vergessenheit geriet.
After the Second World War
With the arrival of the Red Army, production collapsed. The more than 2000 forced laborers who had had to carry out extremely hard labor were freed. Today, no evidence exists as to whether forced laborers had also worked in the shaft furnace battery. In the following years, the neighboring installations, which had been destroyed during the war or had been dismantled and removed, were successively repaired or replaced. Due to the fact that there were almost no removable, modern machines in the shaft furnace battery, production was restarted immediately after the end of the war. Neighboring industrial complexes also soon began their work again. In this way, between October 1945 and June 1948 the shaft furnaces, the neighboring limestone bag factory , and the Hoffmann kiln were gradually able to resume production. In 1947, the lime kiln became part of the nationalized company “Rüdersdorfer Lime, Cement, and Concrete Works” and was therefore allocated to the annual plans of the socialist planned economy. However, the technology used in the installation at the time was by that point already completely outdated. In 1961, the separate Furnace 19 was erected next to the shaft furnace battery (today easily seen as a standalone cylinder-shaped shaft furnace); this reached a daily output of up to 120 tons. However, it was in operation for only six years due to plans for a new, large lime works that would replace the old installations.
This marked the end of the shaft furnace battery as a production facility. The installations of the production facility, many of which dated from between 1871 and 1877, were definitively shut down in 1967. In November of the same year the new lime works on the Frankfurter Chaussee near Herzfelde was put into operation, whereupon the old installations completely ceased operation. The neighboring Hoffmann kiln and the bagging factory were immediately torn down. Fortunately, the shaft furnace battery was preserved, despite being earmarked for demolition in 1968. This was because the idea of preserving it as a museum monument and a testament to lime production in Rüdersdorf had already been floated, not least by the workers and employees who had worked there. Although the idea was not implemented, it still saved the building from demolition. Despite the removal of the iron components, such as the furnace doors of the Rüdersdorfer furnace, for example, or the elevator system of furnaces 5 and 19, many of the fittings survived the next decades. However, numerous plants soon grew rampantly throughout the building, and it was increasingly forgotten.
Nach der deutschen Wiedervereinigung
Im Wiedervereinigungsjahr 1990 übernahm die Readymix AG die Rüdersdorfer Zementwerke. Mehrere Wissenschaftler und Rüdersdorfer Bürger setzten sich fortan für die Erhaltung und museale Nutzung der noch vorhandenen Anlagen ein und so konnte 1992 eine Nutzung als Museumspark für Industriekultur vorbereitet werden. Die Schachtofenbatterie war mittlerweile stark bewachsen, teilweise einsturzgefährdet und in einem sehr schlechten Zustand. Kurz nach der Wende wurde ein Förderverein gegründet, der sich der noch erhaltenen Gebäudestrukturen auf dem heutigen Gelände des Museumsparks annahm. Nach gründlicher Sanierung wurde die Schachtofenbatterie zum festen Bestand des Museumsparks und dient heute neben ihrer musealen Funktion auch als gerne genutzte Foto- und Filmlocation. Im für den Besucherverkehr geschlossenen Teilbereich leben heute mehrere streng geschützte Fledermausarten. Als Zeitzeugin für die Anfänge der industriellen Kalkproduktion ist sie weltweit von höchster Bedeutung.
After German Reunification
In 1990, the year of reunification, the Readymix AG took over the Rüdersdorfer Cement Works. From this time onwards, several scientists and inhabitants of Rüdersdorf advocated for the maintenance of the remaining installations and for their use as a museum. In 1992, work thus began on preparing the site for use as a museum park for industrial culture. By then, the shaft furnace battery was very overgrown, partially in danger of collapse, and in a very poor state overall. Shortly after reunification, an association was founded that began to administer the remaining building structures on the present-day grounds of the museum park. After a thorough renovation, the shaft furnace battery became an integral part of the museum park, and is used today not only as part of the museum but also as a photography and film location. Several strongly protected species of bat now live in the part of the shaft furnace battery that is closed to the public. The site has worldwide significance as a testament to the beginning of industrial lime production.